Martin Creed ist 1968 in Wakefield, England geboren. 1986-1990 absolvierte er die Slade School of Fine Arts, wo er begann, seine Werke auf nicht durchgehende Weise zu nummerieren, um ihnen eine präzise, aber anonyme Identität zu verleihen. 2001 gewann er mit dem Work No. 232 (The lights going on and off) den Turner Prize. Creed ist ein Minimalist. Er versucht, mit beinahe nichts so wenig wie möglich zu machen. So knüllt er ein weisses Blatt zusammen und legt es wie eine Skulptur auf einen Sockel, dessen Basis das Format des Blattes besitzt: Work No.301 (A sheet of paper crumpled into a ball). Oder er schafft mit schwarzem und weissem Papier sowie Abdeckband kleine quadratische Zeichnungen (Work No. 175). Was ist das Natürlichste, was Leute vor der Fotokamera tun? Lächeln. Also realisiert er eine kleinformatige Fotoserie mit lächelnden Personen (Work No 295). Mit der Konzeptkunst verbindet ihn das Prinzip, dass ein Werk nicht unbedingt ausgeführt werden muss (von gewissen Werken stellt es bloss das Zertifikat aus), mit der Minimal Art die kühle formale Präzision der meisten Arbeiten. Der Einsatz alltäglicher Materialien wie Ballone, Bodenplatten, Klebband, Heftpflaster etc. und damit die Ablehnung der Merkmale von „Kunst“, aber auch die Verbindung zwischen Musik(performance) und bildender Kunst (der Musiker Creed spielte in der Band Owada. Beispiel: ein 31 Sekunden langes Stück des Trios heisst 30 seconds with the lights off) zieht ihn wiederum in Richtung Fluxus. Die Objekte Martin Creeds existieren in einer Art Zwischenwelt, sind weder dies noch das, weder nichts noch wirklich etwas, weder „Kunst“ noch Alltagsobjekt, weder preziös noch banal, weder seriös noch ironisch, weder Negation noch Affirmation. Die Tür ist weder offen noch zu, das Licht ist weder an noch aus. Die grosse Neonschrift an der Fassade der Tate Britain “THE WHOLE WORLD + THE WORK = THE WHOLE WORLD” (Werk Nr. 232) ist bezeichnend für diese Philosophie. Bedeutet diese Gleichung, dass Kunst überflüssig ist? Warum muss dies dann mit einem solchen materiellen/energetischen Aufwand verkündet werden? Oder dass das Kunstwerk in der Welt aufgehen soll? Warum hängt es dann ausgerechnet über dem Eingang eines Museums? Mit den einfachsten Mitteln hinterfragt Martin Creed die Welt der Kunst und unsere Alltagswelt. Er stiftet mit Evidenz Verwirrung, mit Bescheidenheit Verunsicherung.