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Michael Krebber
The Living Wedge

18. Februar – 30. April 2017

Eröffnung: Freitag, 17. Februar 2017
ab 18 Uhr

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Michael Krebber (*1954 in Köln, lebt in New York) führte viele Jahre ein Doppelleben als Gerücht. Er leistete diesem Schillern Vorschub, indem er wenig bis gar nichts von sich zeigte. Ab einem bestimmten Moment zeigte der Maler ein bisschen mehr, doch ging es dabei um die Frage, wie viel ein Künstler zeigen soll. Den Schauplatz dieser kritischen Inszenierung seiner Selbst als Akteur der Kunst, bildete das Köln der 1990er Jahre. Durch dieses Vorspiel liess sich Michael Krebbers Tun lange Zeit kaum von dem trennen, was über ihn gesagt, behauptet und spekuliert wurde. Für viele junge Künstler/innen in Europa und den USA stellt Krebber eine kaum zu unterschätzende Projektionsfläche dar. Einem breiten Publikum nur bedingt bekannt, werden kunstintern viele der Züge des sich immer wieder häutenden MK verhandelt. Man arbeitet sich an ihm regelrecht ab.

Die in Zusammenarbeit mit dem Serralves Museum of Contemporary Art, Porto, organisierte Ausstellung, The Living Wedge, zeigt nun erstmals in der Schweiz eine umfassende Auswahl von Werken des Künstlers seit den 1980er Jahren. Die Ausstellung bildet damit einen Höhepunkt in der Programmlinie der Kunsthalle Bern, welche die Bedeutung der Malerei für die Gegenwart und Zukunft der Kunst zur Diskussion stellt.

Das in seinem Reichtum entfaltete Gerücht Krebber überrascht gegenüber vielem, was von ihm behauptet wurde. Über Herrn Krebber wird oft gesagt, bei dem, was er täte, handle es sich um Malerei über Malerei. Die Ausstellung erweitert diese Festschreibung in verschiedene Fluchtlinien. Fraglos spielt das Nachdenken über Rahmen, Räume und Grenzen, aber auch über die Beziehungen des gemalten Bildes, innerhalb dieses und zu anderen Bildern eine
wesentliche Rolle. Grenzen erscheinen weich und deuten eher Übergänge an, eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie sich ein Künstler zu seiner Umgebung verhalten kann, werden vorstellbar. Krebbers Umgebung bildet das System
Kunst, das Reale bricht in diese Ordnung immer wieder ein. Der Einbruch des Lebens bleibt nicht formlos, er bohrt sich wie ein feiner Stachel ins Fleisch. Der Vorgang wirkt auf eine seltsame Art undramatisch, es wird niemand verletzt, so, als käme ein raffinierter Trick zur Wirkung. Eine gewisse Kühle liegt über der profanen Magie dieser Arbeiten. Als Betrachter fühlt man sich manchmal ein wenig über den Tisch gezogen. Man ist verblüfft, wie aus fast gar nichts ganz viel gezaubert wird und den Blick fesselt. Anders formuliert: die Bilder balancieren auf dem Grat zwischen einer Vielzahl an Möglichkeiten und dem Punkt, an dem es nur so und nicht anders geht. Auf dieser schmalen Linie agiert The Living Wedge (Der lebende Keil). Die Bewegung des Keils wird von den Umständen bedingt. Krebber denkt das gesamte Reglement der Kunst stets mit. Ein Bild, eine Ausstellung, eine Publikation entstehen innerhalb des Regelwerks der Kunst.

Zugleich gibt sich Krebber die Regeln selbst, indem er die gegebenen Konventionen höchst eigensinnig übererfüllt, aber auch umdeutet. Bei dem, was sich dann als verschobene Version zeigt, handelt es sich um bewegliche Regeln.
Plötzlich gilt eine andere Regel und dann muss wieder eine andere Regel gelten, weil es nicht ohne Regeln geht. Michael Krebber bedient nicht, lässt sich nicht festlegen, agiert dosiert und bleibt unberechenbar; seine Mittel, seine
Striche und Flecken sind oft spärlich und grosszügig zugleich. Ein Gespaltener zwischen Haushaltung und Verschwendung. Es gelingt ihm, mit dem geringsten Aufwand ein Maximum zu erreichen, ohne dass sich sagen liesse, welchem Zweck diese Geschäftstüchtigkeit dient. Vielleicht dem, dass hier jemand mit höchstem Einsatz auf den Aufschub des Unbekannten pokert und so die Möglichkeit eines offenen Endes in der Schwebe hält?

Für seine künstlerischen Bewegungen wird immer wieder das Wort „zögern“ gewählt. Etwas wird hinausgezögert, flimmert im Vorläufigen und Unbestimmten, damit sich ein Raum der Erwartung entfalten kann. Vielleicht liegt der Grund für dieses Agieren aber auch in der selbstbezüglichen Lust, immer wieder von sich selbst überrascht zu werden, in jedem Fall dient es zur Wahrung eines der größten Potentiale der Kunst: dem Ausgang einer Bewegung, welche sich nicht absehen lässt, einer Suche, die nicht weiss, wo sie ankommen wird.

Arbeiten von Michael Krebber (geb. 1954 in Köln, lebt in New York) wurden u.a. präsentiert im Serralves Museum of Contemporary Art, Porto (2016), Galerie Buchholz, Köln/Berlin (2015), Museum Brandhorst, München (2015), MUMOK, Wien (2015), Greene Naftali, New York (2015), Maureen Paley, London (2015), Museum Ludwig, Köln (2015), Halle für Kunst Lüneburg (2014), dépendance, Brüssel (2013), CAPC musée d’art contemporain de Bordeaux (2012), Real Fine Arts, New York (2011), Kölnischer Kunstverein, Köln (2008), Galerie Chantal Crousel, Paris (2007), Sammlung Grässlin, St. Georgen (2006), Bonnefantenmuseum, Maastricht (2006), Secession, Wien (2005), Richard Telles Fine Art, Los Angeles (2005), The Top Room, London (2001), Kunstverein Braunschweig/Städtische Galerie Wolfsburg (2000), Galerie Ascan Crone, Hamburg (1998), Villa Arson, Nizza (1997), Musée d’art moderne et contemporain, Genf (1995), weitere Ausstellungen bei Galerie Bleich-Rossi, Graz, Christian Nagel, Köln, Bruno Brunnet Fine Arts, Berlin und Fettstrasse 7a, Hamburg/Zürich.

Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit dem Serralves Museum of Contemporary Art, Porto.

Zur Ausstellung erscheint im Verlag Koenig Books, London, eine zweiteilige Publikation, herausgegeben von der Kunsthalle Bern und der Fundação de Serralves. Mit Texten von Manfred Hermes, Valérie Knoll/Hans-Christian Dany und João Ribas. Grafik: HIT, Berlin.

Die Kunsthalle Bern dankt der freundlichen Unterstützung der Kultur Stadt Bern, der Eidgenossenschaft, der Ruth & Arthur Scherbarth Stiftung, der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Bern sowie dem Robert Walser-Zentrum.
Die Ausstellung wird durch den No Leftovers-Fonds unterstützt.

Bild: Michael Krebber, Untitled (Flat Finish XXXII), 2016, Bleistift auf Papier, 22×17.5cm. Courtesy Galerie Buchholz, Berlin/Köln/New York.

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