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Maria Eichhorn (*1962, Berlin) arbeitet immer ortsspezifisch, d.h., sie nimmt gewisse vorgefundene Elemente auf und versucht, diese durch einen einfachen, „unkünstlerischen“ Eingriff zu verändern. In einer Berliner Galerie (1990) strich sie die Wände eines Raums, der normalerweise in unrenoviertem Zustand für Ausstellungen genutzt wird, weiss. Im Künstlerhaus Stuttgart (1992) translozierte sie die Kinderwerkstatt in die Ausstellungsräume. In Istanbul (Biennale 1995) stellte sie eine grosse Plakatwand auf den Taksim-Platz, die von oppositionell/subkulturell arbeitenden Kreisen genutzt werden konnte. Sie inserierte 1995 in einer Tageszeitung Gratisfahrscheine für alle 21 Reiseziele, die vom Hauptbahnhof Leipzig aus direkt zu erreichen sind. Vor der Restaurierung der Häuser Esters und Lange in Krefeld (1997) verkaufte sie Objekte aus den Lagerräumen: Waschbecken, Stühle, Kleiderhaken, eine Kiste für eine Beuys-Skulptur, usw.; der Erlös diente der Renovation der Eingangstüren. In Münster (Skulptur Projekte 1997) stellte sie die Frage „Wem gehört die Stadt?“ und erwarb als Antwort darauf ein öffentliches, d.h. der Stadt gehörendes Grundstück. Im Frankfurter Portikus präsentierte sie 1999 u.a. filmische Dokumentation zu 1. Mai-Demonstrationen. Mit Hilfe von Naturwissenschaftlern versuchte sie, im Park der Villa Medici in Rom (2000) Eichhörnchen wieder anzusiedeln. Maria Eichhorns unprätentiöse, präzise Eingriffe in gesellschaftliche, ökonomische, ökologische, politische Situationen und Kontexte sind keine „Werke“, sondern dienen dazu, einen Diskurs auszulösen. Welcher Diskurs wird nun in Bern ausgelöst? Die Ausstellung in der Kunsthalle Bern besteht aus drei zusammenhängenden Teilen – einer Ausstellung, einer zweibändigen Publikation und einer Edition –, die unter dem Titel „Das Geld der Kunsthalle Bern“ zusammengefasst werden können. Maria Eichhorn hat sich nach monatelangen Recherchen in den Archiven der Kunsthalle und verschiedenen Bibliotheken Berns, nach zahlreichen Gesprächen mit unserer Institution nahestehenden Personen auf die finanziellen Aspekte konzentriert und versucht, auf Fragen zu antworten wie: Woher stammt das Gründungskapital der Kunsthalle? Wo ist es heute? Wer besitzt rechtlich einen Anteil daran? Wem gehört das Grundstück, wem die Immobilie? Was bedeutet der Verkauf von Kunstwerken in der Kunsthalle? Welche Auflagen sind mit den städtischen und kantonalen Subventionen verbunden? Welche Rolle spielen die Sponsoren heute? Ausstellung und Edition von Maria Eichhorn sind gezielte Eingriffe in die gewohnten finanziellen Abläufe unserer Institution – oder modellhafte Interventionen in Probleme, die ebendiese Abläufe beeinträchtigen. Der von der Künstlerin gestaltete Katalog liefert wichtige Hintergrundinformation dazu. Es gibt keine Vernissage.