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Die Anfänge des Formats Modenschau zeigen eine Konstellation, bei der Körper, Kommerz und Modernität zusammentreffen. Der Laufsteg, der als ein Theater ohne Erzählung beschrieben worden ist, beleuchtet das Paradox vom sprunghaften Wandel und mechanischer Standardisierung. Als erster Laufsteg ließe sich die Praktik von Couturiers verstehen, die Mannequins (heute Models genannt) hinaus in die Öffentlichkeit schickten, um neue Moden zur Schau zu tragen, was für Aufsehen und fotografische Verbreitung sorgte. Diese Belebung von Körpern, die das Neue im urbanen Leben vorführten, deutete bereits das Format an, das wir heute kennen: Models, die auf einem schmalen, von ihren Konsument*innen/Zuschauer*innen flankierten Podest defilieren. Laufstege verkörpern das Formaldehyd einer Kultur im Fluss. Während sich die technische Ausgestaltung des Laufstegs seit seinem Aufkommen um die Wende zum 20. Jahrhundert verändert hat, ist der Unterbau weitgehend unangetastet geblieben. Ungeachtet der anhaltenden szenografischen Gleichförmigkeit haben verschiedene Designer*innen mit dem Laufsteg als einen diskursiven Ort zur Befragung der Mechanismen des Modekreislaufs experimentiert. Im Zuge dieser Laufstegexperimente wurden die Beziehungen zwischen Publikum, Raumaufteilungen, dem karnevalesken Körper und seiner Heimsuchung als Warenform umgestaltet. In einem Sprung von Paul Poirets epischer “Tausendundzweiter Nacht” aus dem Jahr 1911 sind die in der Kunsthalle Bern ausgestellten Designer*innen an den Laufsteg als Medium herangegangen, indem sie ihn dazu benutzten, die Ideen innerhalb ihrer eigenen Praxis wie auch im Modesystem insgesamt zu erweitern und gleichzeitig infrage zu stellen.

So, wie diese Designer*innen die Modenschau untersucht haben, stellen die Laufstege selbst eine Erprobung der unheimlichen Allegorie für den Verlauf der Geschichte als labyrinthische, auf sich selbst zurückfaltende Zeit dar. Wenn ein Modestil in der Verbannung des Überholten verschwindet, bedarf unsere Bereitschaft zum Modischsein der Revision. In dieser Revision tritt die Mode aber stets mit Zitaten ihrer früheren Ausformungen in Erscheinung. Motive und Themen der Vergangenheit werden aus dem Abfall des Fortschritts recycelt und kombiniert. Diese immer wieder unterbrochene Umwälzung der Vergangenheit in die Gegenwart ist ein Ausdruck unserer unaufhörlichen Aufarbeitung der Geschichte. Modezeit ist also nicht einfach eine Folge chronologischer Zeitlichkeiten, sondern die kühne Konzeption einer das Kontinuum durchbrechenden Ideengeschichte. Folglich ist der Modelaufsteg dazu angehalten, zu einer spekulativen Zukunft aufzubrechen und so das Jetzt wiederzuerlangen.

Passageways versammelt Videos von Modenschauen, bei denen Designer*innen den Laufsteg als ein experimentelles performatives Instrument für die Produktion von Mode neu konzipiert haben. Daneben zeigt die Ausstellung auch konkrete Outfits dieser Modedesigner*innen sowie eine Reihe im Auftrag entstandener Nachbildungen, die die Geschichte des Laufstegs als Aufhebung der Modezeit neu interpretieren.

Text: Strategies for Exiting Runways. Ricarda Bigolin.

Matthew Linde ist freier Mode-Kurator, er lebt und arbeitet in Melbourne und New York.

Die Ausstellung findet im Untergeschoss statt

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