Logo

Jeder Raum der Kunsthalle Bern ist durch eine eigene Atmosphäre geprägt, hervorgebracht durch Grösse, Lichteinfall und innenarchitektonische Details. Die Architektur orientiert sich dabei nicht am Funktionalismus des ein Jahr nach ihrer Eröffnung (1918) gegründeten Bauhauses (1919). Schon der Parkettboden und die ornamentale Decke verströmen eine Eleganz, die nicht dem Bauhausplan entspricht, alles Bourgeoise auszumerzen, und dem Schmucklosigkeit als das neue Glaubensbekenntnis galt. Nicht ganz “non-bourgeois” verpflichtet sich die Kunsthalle eher dem 19. Jahrhundert, als Ausstellungsräume noch auf Unterteilung und Messung ausgerichtet waren. Von aussen wie ein Tempel anmutend, birgt das Gebäude in seinem Inneren fast schon wohnliche Behaglichkeit. Während heute in Ausstellungsräumen jedes Dekor verpönt ist, war es in den Anfangsjahren der Kunsthalle noch weithin üblich, inmitten einer Ausstellung Perserteppich, Tisch und Stühle oder gepolsterte Sitzmöbel zu platzieren, damit es sich die Besucher*innen ein wenig gemütlicher machen konnten. Trotzdem handelte es sich bei den Räumen schon immer um weisse Zellen (Brian O’Doherty), um einen Ort der Abtrennung, in dem die Besucher*innen eine andere Welt betreten als die der Strasse. Auch wenn die Räume nicht “schattenlos, clean und künstlich” wirken, bilden sie den Rahmen, der die Welt vorübergehend abgrenzt, der das darin Gezeigte als Kunst sanktioniert und Realismus in einer abgehobenen Form zeigt. O’Doherty bezeichnet die weisse Zelle auch als Ghetto, das den Zustand der Zeitlosigkeit vorbereitet, als einen Raum der Bedingungen, einer Haltung, einen Raum ohne Ort, eine Zauberkammer. Die weissen Zellen der Kunsthalle Bern haben dagegen charakteristische Signaturen, was sie durchaus zu einem Ort werden lässt, aber auch selbst zu Kunst in Potenz. Sie verbarrikadieren sich zudem nicht vollständig, auch wenn Verbindung mit dem Aussen meist nur durch Gitterstäbe zugelassen ist.

Die Ausstellung Die Zelle versammelt Werke mit einer Neigung zum Einrichtungsgegenstand. Es sind weniger Einrichtungsgegenstände, die Wohnungen möblieren, als solche, die ihren Auftrag gewechselt, verloren oder gar nie dazu gefunden haben und nur für weisse Zellen zu gebrauchen sind. Viele Arbeiten wechseln zwischen skulpturalem Objekt und Möbelstück. Sie pflegen einen spielerischen Umgang zwischen Funktion und Funktionslosigkeit und verbinden sich manchmal mit konstruktivistischen Ansätzen. Regale bleiben leer und zeigen sich selbst. Das wenige, das sie bieten, gilt es zu bedenken. Manche Künstler*innen bauen ihre Fragen, um sie bearbeiten zu können. Eine grundlegende Frage wäre, was eine Form, die für den alltäglichen Gebrauch entwickelt wurde, von Kunst unterscheidet und umgekehrt. Was sind diese geringfügigen Eingriffe, die einen Alltagsgegenstand zu einer minimalistischen Skulptur machen und worin liegt der Unterschied? Es handelt sich auch um ein künstlerisches Interesse an Wechselbeziehungen zwischen gebauter dreidimensionaler Form, dem menschlichen Körper und der räumlichen Umgebung. Wann stimmt eine gebaute Form im Raum und in Bezug auf den Körper? Es geht um grundlegende Fragen von Proportionen und Körper-Raum-Verhältnissen. Wie und mit welchen (einfachen) Mitteln kann ich eine Umgebung schaffen, die zu dem passt, wofür man sie braucht?
Künstler und Künstlerinnen richten eine Ausstellung aus und richten sie ein. Einrichten kann bedeuten, Dinge zuzurichten, auszurichten. Ein Stuhl lässt sich auch hinrichten. Richten kann bedeuten vor Gericht zu urteilen, zu verurteilen oder eine Einrichtung herzustellen, die sich weigert zu passen.

Nicole Wermers, Moodboard #5, 2016
Courtesy die Künstlerin, Herald St, London und Jessica Silverman Gallery

Veranstaltungen