Fabrice Stroun & Tenzing Barshee: Du arbeitest seit 2010 an dem Projekt In the Museum. Dazu gehören inzwischen dutzende Malereien und Drucke – und auch zwei Filme. Kannst Du beschreiben worum es da geht und wie diese Werkgruppe zustande kam?
Mathis Gasser: Zuerst existierte die Idee einer Begegnung zwischen Christopher Walken und Zombies in einem Museum. In der Folge wuchs aus diesem anfänglichen Bild eine sich laufend fortsetzende Erzählung. Das Museum, das in den Filmen vorkommt, kann man als grundsätzlich lebendigen Organismus verstehen. Einige der Kunstwerke werden zu handelnden Akteuren, die Christopher Walken im Kampf gegen die Zombie-Bedrohung zur Seite stehen, während andere vielschichtigere Rollen einnehmen und eher den Zombies helfen. Das Museum wird hier als eine stark verformbare, flüssige Institution erdacht; ein lebendes Wesen, dass fortwährend die Entwicklungen einer übergeordneten sozioökonomischen Sphäre integriert.
Zombies sind daher ein passendes fiktives Vehikel, um eine potentielle, grossflächige Destabilisierung durchzuspielen, Chaos und Kollaps. Ihr Angriff ist nicht eine tatsächliche Invasion, sondern ein allegorische Figur. Die Zombies sind als Metapher zu verstehen, die eine Reflektion über die dystopische Natur unserer Kultur im Allgemeinen ermöglichen. In the Museum suggeriert eine starke Korrelation zwischen den Ereignissen, die sich in einem Museum abspielen und einem grösseren politischen Kontext. Das Museum wird zu einer Membran, dass auf Veränderungen in der kollektiven Psychosphäre reagiert. Ich würde behaupten, dass das Museum selbst ein Ort von Untoten ist – ein Ort, wo die Separationslinien zwischen dem Jenseits und dem Diesseits ständig neu verhandelt werden müssen. Ein Kunstwerk ist eine Entität, welches künstlich am Leben erhalten werden muss, durch Inventarisierung, Ausstellungen, durch das Einbetten in einen pädagogischen und historischen Diskurs, etc. Sonst sieht es sich bedroht durch den realen, tatsächlichen Tod.
FS & TB: Wie hast Du entschieden, welche Kunstwerke in deinem Museum hängen?
MG: Einige wurden wegen ihrer Stellung, die sie in der jüngeren Kunstgeschichte einnehmen, ausgewählt, andere gemäss persönlichen Vorlieben. Die gesamte Erzählung wurde also ziemlich natürlich entwickelt. Manchmal beeinflussen die Kunstwerke den Ablauf einer Szene (zum Beispiel wenn die Filzarbeit von Robert Morris einen Zombie einfängt), während sonst der Grundriss eines Raumes oder die Stimmung einer Szene vorgaben, welche Kunstwerke gegenwärtig sein sollten, um die Handlung voranzubringen.
FS & TB: Warum hast Du Christopher Walken als Protagonisten ausgewählt?
MG: Erst wollte ich, dass der echte Christopher Walken durch ein echtes Museum geht. Weil so ein Projekt aber sehr aufwändig und teuer wäre, drehte ich stattdessen mit kleinen Actionfiguren, die ich auf Ebay ersteigerte und anschliessend modifizierte. Christopher Walken ist ein weltberühmter Schauspieler, der üblicherweise keine Rollen übernimmt, die man einem Hollywood-Star zuschreiben würde. In vielen seiner Filme verkörpert er schattenartige Figuren mit äusserst zwiespältigen und selbstzerstörerischen Zügen, die oftmals einen gewaltsamen Tod sterben. Vor allem verändert sich nie seine Leinwandpersönlichkeit. In jedem Film bleibt er ‘Christopher Walken’, ein gelassenes, risikoreiches und abgründiges Wesen. Ich stelle mir ihn als Medium vor; ein Übergang in eine unbekannte kulturelle Zwischenebene. In den Filmen führt er den Zuschauer durch aufeinanderfolgende Räume in dem Museum, wie eine Popversion von Dante, die Höllentore durchschreitend. Ich hoffe immer noch den echten Christopher Walken für den dritten Teil von In the Museum gewinnen zu können. Christopher Walken wird noch tiefer ins kollektive kulturelle Unterbewusstsein tauchen, das hinter Museumsmauern lauert, wo das Absurde und das Unheimliche vorherrschen. Es wäre fantastisch, wenn mir jemand helfen könnte direkt mit ihm in Kontakt zu treten!
Mathis Gasser wurde 1984 in Zürich geboren. Zur Zeit lebt und arbeitet er in London. Sein Werk wurde unter anderem bei La Salle de Bains in Lyon, sowie in Genf bei Hard Hat und Forde gezeigt.
Kunsthalle Bern und Mathis Gasser danken Cedric Eisenring, Chihiro Matsumura, Jill Gasparina, Hannes Gasser, Balthazar Lovay and Stéphane Ribordy von Ribordy Contemporary, Genf.Die Kunsthalle Bern dankt ihren Partnern Kultur Stadt Bern und Burgergemeinde Bern, sowie Kraft E.L.S.